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Straße:
Friedhofstraße 10
Schwachhauser Heerstraße
Denkmaltyp:
Kirche & Kirche ev.
Listentext:
Friedhofstraße 10, St. Remberti-Kirche, 1951 von Eberhard Gildemeister (1995)°
Schwachhauser Heerstraße (siehe Denkmalgruppe Friedhofstraße 10)
Kurzbeschreibung:
Die 1951 geweihte St.-Remberti-Kirche ist die sechste Kirche ihres Namens in Bremen. Ihre Geschichte reicht bis ins Mittelalter zurück, als das Rembertistift das religiöse Zentrum der gleichnamigen Gemeinde bildete. Nach der Auflösung der institutionellen Bindung zwischen Stift und Kirchengemeinde im Jahr 1842 blieb die Gemeinde selbstständig bestehen. Die fünfte Kirche, ein neugotischer Bau von Heinrich Müller aus dem Jahr 1871, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Mit dem Wiederaufbau in den frühen 1950er Jahren fand die Gemeinde in Bremen-Schwachhausen eine neue Heimat.°
Der Neubau von Kirche und späterem Gemeindezentrum wurde von Eberhard Gildemeister (1897-1978) entworfen, einem der bedeutendsten Architekten des Bremer Wiederaufbaus. In seiner konservativen, an der "Stuttgarter Schule" orientierten Haltung verband er handwerkliche Präzision mit einer tiefen Verwurzelung in der norddeutschen Bautradition. Die Remberti-Kirche markiert dabei eine zentrale Position in seinem Werk: Sie zeigt, wie sich Gildemeisters Streben nach Einfachheit, Proportion und regionaler Identität in der Architektur der Nachkriegszeit verdichtet.°
Die Kirche ist ein einfacher, kleiner Saalbau mit Backsteinverblendung, einem tief heruntergezogenen Walmdach aus Pfannendeckung und einem zentralen, filigranen Dachreiter mit modernisiertem barocken Helm. Ihre Gestalt nimmt bewusst Bezug auf die vierte Remberti-Kirche von 1736, deren Typus einer protestantischen Predigtkirche diente und wiederum auf die ehemalige St.-Pauli-Kirche in der Bremer Neustadt (1682) zurückgeht.°
Gildemeister entwickelte den Typus weiter, indem er das Dachvolumen betonte und seitliche "Kübbungen" ergänzte, die funktionale Nebenräume aufnehmen. Die Anlehnung an niedersächsische Hallenhäuser verweist auf ländliche Bautraditionen, die hier in einen modernen, sakralen Kontext übertragen werden.°
Das Innere wirkt hell, ruhig und festlich. Sichtbare Backsteinwände, ein Ziegelboden und helles Holz für Gestühl, Kanzel, Empore und Orgelprospekt bestimmen die Atmosphäre. Eine abgehängte Tonnendecke fasst den Raum bergend zusammen.°
Besondere Akzente setzt die Kunstverglasung von Heinz Lilienthal (1950) im Altarbereich. Drei Buntglasfenster zeigen Alpha und Omega, das Kreuz und das Christusmonogramm Chi Rho. In dem bewusst schattigen Altarraum entfalten sie eine eindrucksvolle Leuchtkraft, die das spirituelle Zentrum des Raumes visuell betont. Zusammen mit dem Barlach-Kruzifix (1918) bilden sie eine eindrucksvolle theologische und künstlerische Einheit.°
Die bewusste Reduktion der Formen, die Konzentration auf Materialwirkung und Lichtführung sowie die Einbindung bedeutender Künstlerarbeiten verleihen der Kirche eine stille Erhabenheit, die über den Charakter einer schlichten Nachkriegskirche hinausweist.Die Kirche St. Remberti ist ein exemplarisches Zeugnis des konservativen Kirchenbaus der frühen Nachkriegszeit, der sich bewusst von avantgardistischen Strömungen absetzte und auf kulturelle Kontinuität setzte. Gildemeisters Werk zeigt, wie sich aus traditionellen Formen eine moderne, zugleich geistlich durchdrungene Architektur entwickeln lässt. Die Remberti-Kirche verbindet Bodenständigkeit und Transzendenz, handwerkliche Klarheit und spirituelle Tiefe.°
Ihre Bedeutung liegt sowohl in der architekturhistorischen Qualität - der gelungenen Verbindung von regionaler Bautradition und moderner Formensprache - als auch in ihrer künstlerischen Geschlossenheit: Proportion, Material und Lichtführung sind fein abgestimmt und erzeugen eine Atmosphäre von schlichter Erhabenheit.°
Als "Notkirche" der frühen 1950er Jahre ist St. Remberti zugleich ein zeitgeschichtliches Dokument des Wiederaufbaus und der geistigen Haltung jener Jahre: Demut, Hoffnung und Neubeginn nach Zerstörung. Insgesamt stellt sie ein herausragendes Beispiel der Bremer Nachkriegsarchitektur dar.
Objekt @ Künstler:
Entwurf
Architekt/Künstler:
Gildemeister, Eberhard
Objekt @ Künstler:
Entwurf
Architekt/Künstler:
Lilienthal, Heinz
Objekt @ Künstler:
Entwurf & Ausführung
Architekt/Künstler:
Barlach, Ernst
Kommentar:
Kruzifix von 1918 aus der Vorgängerkirche
Sozietät Name:
St. Remberti-Gemeinde
Lit.-Kurztitel:
Bremen und seine Bauten 1950-1979, 2014
Lit.-Kurztitel:
Bund Deutscher Architekten im Lande Bremen (Hrsg.): Bremen baut. Architektur-Ausstellung, Bremen (1951)
Lit.-Kurztitel:
Dehio Bremen/Niedersachsen 1992
Lit.-Kurztitel:
Eberhard Gildemeister - Ein bremischer Architekt, Bremen 1973
Lit.-Kurztitel:
Fliedner, Siegfried und Werner Kloos: Bremer Kirchen, Bremen 1961
Lit.-Kurztitel:
Fünf Bauten in neun Jahrhunderten =°
Ambiente. Charakter. Geschichte - Schwachhausen, Magazin Weser-Kurier 2013
Lit.-Kurztitel:
Heitmann, Claus: Von Abraham bis Zion, Bremen 2000
Lit.-Kurztitel:
Leichtes Zelt und feste Burg, 2009/2016
Lit.-Kurztitel:
Mau, Franz-Peter: Flugdächer und Weserziegel, Bremen 1990
Lit.-Kurztitel:
Schulte-Frohlinde, J.: Baukunst zwischen gestern und heute, Düsseldorf 1960