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Brinksitzerhaus

OBJ-Dok-nr.: 00002192




Stadt:
Bremen
Bezirk:
Nord
Stadtteil:
Vegesack
Ortsteil:
Schönebeck
Straße:
Borchshöher Straße 64
Denkmaltyp:
Wohnhaus
Eintragung:
2024
Listentext:
Borchshöher Straße 64, Brinksitzerhaus, um 1839 (2024)
Baugeschichte:
wohl um 1839 in seiner heutigen Form entstanden°
um 1910 Stuckverzierung an der Straßenfassade°
1947 umfassende Instandsetzung; Verlegung der Hauseingangstür von der Ost- an die Nordfassade.
Kurzbeschreibung:
Das Wohnhaus gehörte zu den ersten Wohnhäusern des 1833 gegründeten Dorfes Borchshöhe und stellt heute das letzte gut erhaltene Exemplar dieser Erstbebauung dar. Im Zuge einer agrarreformatorischen Flächenaufteilung, der sogenannten "Langenholz-Teilung", wurde das Gebiet der Borchshöhe 1823 dem Gut Schönebeck zugeschlagen.°
Die Gutsverwalter begannen ab 1832 damit, das Gebiet in Hufe aufzuteilen und zu verpachten. Borchshöhe entwickelte sich in der Form eines Reihen-Hufendorfes entlang der gleichnamigen, schnurgerade von Aumund nach Nordost verlaufenden Straße. Das Dorf wuchs nur langsam; so zählte es 1848 erst 21 Wohnhäuser und 130 Einwohner. Bei der Dorfbebauung dürfte es sich ursprünglich größtenteils um Brinksitzerhäuser gehandelt haben. Brinksitzer waren Kleinbauern oder auch Handwerker, die über wenig oder gar keinen Grundbesitz verfügten und sich ursprünglich traditionell am Rand der Dörfer bzw. auf leichten Anhöhen in deren Nähe niederließen. Die Brinksitzerhäuser waren zumeist viel kleiner und bescheidener als die großen niedersächsischen Hallenhäuser, folgten aber deren Bautradition. So weist auch das eingeschossige Brinksitzerhaus Borchshöher Straße 64 das für diese Gattung typische tiefgezogenen Krüppelwalmdach auf, das ursprünglich auch eine Reetdeckung besessen hatte.°
Die Brinksitzer, die auf der Borchshöhe niedergelassen hatten, entrichteten einen Jahreszins an die Gutsherren, bis sie ihre Grundstücke durch eine Abfindung ablösen konnten. Für die Borchshöher Straße 64 ist diese Ablösung im Jahr 1873 dokumentiert. Das Wohnhaus ist ein heute authentisches Zeugnis wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verhältnisse auf dem Lande im 19. Jahrhundert. Es veranschaulicht dabei die Lebensverhältnisse der besitzlosen Kleinbauern auf eindrucksvolle Weise. Gerade für den Vergleich zwischen den Höfen wohlhabender Vollbauern und der agrarsozialen Unterschicht sind solche Beispiele unverzichtbar, da hierdurch das Wissen über die früheren sozialen Strukturen im ländlichen Raum erweitert und abgerundet werden kann.
Quelle:
R. Stein-Inventar
  Stelle:
Kasten 11, Blatt 2-51