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Schwachhauser Heerstraße 181/Orleanstraße 1/3, Altenwohnheim der Methodistenkirche, 1968-1969 von Friedhelm Zeuner (2024)°
Orleanstraße 1/3
Kurzbeschreibung:
Der Bau des Altenwohnheims an der Schwachhauser Heerstraße fiel in eine Zeit, in der die angemessene Altenversorgung zu einem wichtigen, sozialpolitischen Thema geworden war: Für Bremen wurde prognostiziert, dass bis 1970 von rund 740.000 Einwohnenden 100.000 über 65 Jahre alt sein würden. Als Bauherr trat der Verein Sozialwerk der Methodistenkirche auf. Die Methodistengemeinde war seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Bremen ansässig ("Bischöfliche Methodistenkirche im Staate Bremen") und hatte an der Schwachhauser Heerstraße nach dem Zweiten Weltkrieg einen Kirchenneubau errichtet. Der Bau des Altenwohnheims, das rund 60 alte Menschen aller Konfessionen aufnehmen sollte, wurde mit günstigen Darlehen der Stadt gefördert. Er wurde ab 1968 in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche, an der Schwachhauser Heerstraße Ecke Orleansstraße, in zwei Bauabschnitten ausgeführt.°
Bei dem Bauwerk handelt es sich um ein dreigeschossiges, flachgedecktes Gebäude mit Staffelgeschoss und weiß geschlämmten Backsteinfassaden, das im Westen über eine Eingangshalle direkt an das Kirchengebäude anschließt. Vier halbzylindrische, fensterlose Ausbuchtungen, die sich mit schmalen Fensterstreifen abwechseln, gliedern die Hauptfassade im ersten Obergeschoss. Diese plastisch-skulpturale Fassadengliederung, die über dem zurückgesetzten, verglasten Haupteingang mit einer breiten, konvex gewölbten Form abschließt, dominiert das Erscheinungsbild des Gebäudes und hebt dieses entschieden von der umliegenden Bebauung ab. Die straßen- und hofseitigen Fassaden des Wohntraktes sind ebenfalls stark plastisch durchformt: So bilden Vor- und Rücksprünge im Mauerwerk, tiefe Loggieneinschnitte und Balkone mit massiv gemauerten, an einer Seite abgerundeten Brüstungen ein regelmäßiges, betont dreidimensionales Raster. Der skulpturale Charakter des Bauwerks, seine klaren Formen sowie die erkennbar unterschiedliche Behandlung der Fassaden je nach dahinterliegender Nutzung greifen wichtige Merkmale der brutalistischen Architektur auf.°
Unter anderem durch die Verwendung des einheitlichen Fassadenmaterials ist es dem Hamburger Architekten Friedhelm Zeuner gelungen, ein bauliches Ensemble zu schaffen, bei dem die inhaltliche Zusammengehörigkeit von Kirche und Wohnheim trotz unterschiedlicher Architektursprache sofort erkennbar ist. Als gut erhaltenes Beispiel des im Bremer Stadtgebiet nicht häufig vertretenen Brutalismus' sowie eines gelungenen baulichen Ensembles mit der seit 2001 denkmalgeschützten Erlöserkirche ist das ehemalige Altenwohnheim von wesentlicher architektonischen Bedeutung. Aufgrund seiner hohen ästhetischen und gestalterischen Qualität, die das Bauwerk zu einer nicht alltäglichen Architekturschöpfung macht, können für die Unterschutzstellung des Wohnheims darüber hinaus künstlerische Gründe geltend gemacht werden.